Wie kommunizieren junge Menschen heute?

Das Vorurteil ist klar: Junge Menschen informieren sich per Handy. Sie lieben Instagram und meiden Facebook, verzichten auf Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehen. Aber stimmt das? Die MittelPunkt-Redaktion informierte sich bei drei Vertreterinnen dieser Generation: Jana Mamsch (17), Schülersprecherin des Vestischen Gymnasiums in Kirchhellen, Filippa Fingerhut (19), Reporterin der Jugendredaktion Salon5 in Bottrop, und Pauline Oberheim (22), Beraterin in der Jungen Vereinten der Vereinten Volksbank.

Wie halten Sie es mit den Medien? Kommunizieren Sie lieber digital oder analog?

Jana Mamsch: Für mich selbst eher digital, weil es einfacher ist. Vor allem, wenn es um wichtige Sachen geht und ich schnell über WhatsApp alle erreiche, die ich erreichen muss.

Pauline Oberheim: Ich kann mich da nur schwer entscheiden, weil ich beides gut finde. Das Digitale geht schnell. Aber wenn ich mit Freunden kommuniziere, das mache ich lieber persönlich statt über Facetime.

Filippa Fingerhut: Bei mir ist es so eine Mischung. Klar, digital bekomme ich auch schnell eine Antwort. Auch wenn man weit weg ist, ist es sehr gut, digital kommunizieren zu können. Aber es kommt auch auf das Thema an, auf die Intention. Muss man etwas Wichtiges klären und geht es um ein entspanntes Gespräch, dann auf jeden Fall persönlich.

Aber ihr kennt das sicher, wenn man mit Freunden zusammensitzt, und man schreibt untereinander auf WhatsApp, obwohl man miteinander reden könnte. Das finde ich dann schon ein bisschen komisch.

Es gibt das Vorurteil, dass junge Leute den ganzen Tag auf ihr Handy schauen. Aber trifft das nicht auch auf andere Generationen zu?

Filippa Fingerhut: Mittlerweile gilt das auch für andere Generationen. Es kommt ja auch darauf an, wie man aufwächst und welchen Beruf man hat, ob man da 24/7 WhatsApp braucht oder am Laptop sitzt. Wenn das ein Fünfzigjähriger nicht hat und auch keine Kinder und überhaupt keinen Kontakt zu jungen Leuten, dann ist es für ihn das Digitale einfach schwieriger.

Jana Mamsch: Das sehe ich genauso. Und das Vorurteil stimmt eigentlich gar nicht richtig. Ich lege mein Handy manchmal einen ganzen Tag weg und kenne auch viele, die das tun. Man macht dann lieber etwas persönlich etwas mit Freunden oder mit der Familie. Und dann sehe ich wieder Vierzigjährige, die nur mit ihrem Handy rumlaufen, überhaupt nicht gucken, wohin sie gehen, und damit auch am Fernseher sitzen.

Filippa Fingerhut: Wenn man im Gespräch mit älteren Leuten ist und die die ganze Zeit am Handy sind, ist das aber irgendwie seltsamer, als wenn das Jüngere tun.

Pauline Oberheim: Das Vorurteil, dass man mit dem Handy so über die Straße läuft, ist auf jeden Fall falsch. Aber ich finde auch, dass zu viel am Handy gehangen wird. Wenn man jetzt arbeite geht, hat man sowieso nicht so viel Zeit dafür. Aber wenn man schaut, wie bin ich den in meinem Urlaub oder am Wochenende am Handy, erschreckt man schon sich schon, wenn man die Zeiten sieht. Und man wünscht sich, dass man weniger daran wär. Ein Abend ohne Instagram oder ein ganzer Tag ohne WhatsApp, das geht mittlerweile nicht mehr.

Filippa Fingerhut: Das hat man ja auch gemerkt, als es da letztens die Blockade gab und weder Instagram noch WhatsApp ging. Da habe ich erstmal gemerkt, wie sehr ich WhatsApp benötige, weil nur Snapchat der Weg war, mit seinen Freunden zu telefonieren. Was ich total ätzend fand.

Jana Mamsch: Man hat auch gemerkt, wie alle angefangen haben, Panik zu schieben. Auch auf anderen Plattformen. Da hieß es dann: „Was mache ich jetzt?“ Oder man wird angerufen und man will wissen, ob auch bei mir die Nachrichten nicht durchgehen. Da ist man geschockt, weil man nicht mehr auf den gewohnten Wegen kommunizieren kann.

Dann ist ja gar nicht so schlecht, dass Smartphones auch eine Telefonfunktion haben …

Pauline Oberheim (lacht): Das stimmt! Ich habe auch drei SMS bekommen und mich gefragt, was ist denn das? Wer schreibt denn so etwas?

Welche Bedeutung habe denn soziale Medien für Sie? Und welche sozialen Medien nutzen Sie?

Jana Mamsch: Auf jeden Fall WhatsApp. So wie eigentlich für jeden. Zum Beispiel, wenn man mit seinen Freunden unterwegs ist oder sie im Ausland sind. Oder um etwas für die Schule abzuklären. Dann noch Instagram, zumindest in unserer Generation. Da bekommt man noch ein paar Sachen mit von Menschen, mit denen man nicht tagtäglich kommuniziert. Für viele auch noch Snapchat, aber das ist es für mich jetzt nicht so. Und jetzt neu: TikTok, aber auch nur um sich jetzt so die Zeit zu vertreiben und sich Videos anzugucken.

Pauline Oberheim: Sehe ich genauso. Definitiv auf Platz eins steht WhatsApp. Es gibt kaum eine Stunde, in der man nicht eine Nachricht austauscht. Außer bei der Arbeit. Ich weiß nicht, wie viele Daten da schon gespeichert sein müssen. Aber ich finde auch Instagram sehr gut, weil man sich da auch was aus dem eigenen Leben zeigen kann. Und weil man schaut, was Freunde so machen. Die beiden Plattformen steht für mich vorne. Der Rest ist so eher … nebensächlich.

Filippa Fingerhut: Bei mir ist das so Tagesform abhängig. Instagram benutze ich eher auf der Arbeit viel, weil das für uns als Jugendredaktion der beste Weg ist zu kommunizieren. Wir haben auch einen eigenen Account für die Jugendredaktion, da können wir dann auch Reels posten, also die Videos, die etwas länger gehen. Statt auf YouTube, zum Beispiel. Wir haben auch einen YouTube-Account, aber Instagram ist schneller zugänglich. Und damit erreicht man schneller Menschen und vor allem Jugendliche.

WhatsApp nutze ich mit den besten und engsten Freunden und auch abends, wenn man schreibt, wie der Tag war. Oder man macht Audio: Weißt du, was mir gerade passiert ist? Das ist jetzt vielleicht auch nicht das Beste, weil es vielleicht besser wäre, wenn man die Sachen erstmal verarbeitet und dann erzählt.

Und bei mir ist tatsächlich auch Snapchat sehr präsent, weil ich da die Verbindung von Schreiben, Sprechen und Videoaufnahmen habe. Und ich das noch am persönlichsten finde von den Social-Media-Apps. Weil dann die Freunde sehen, dass man redet und wie redet. Da kommen die Emotionen am besten rüber. Aber was man benutzt, das liegt auch daran, mit wem man kommuniziert. Bei manchen ist es WhatsApp, bei manchen Snapchat. Und bei manchen sind es alle Plattformen. Das passiert ja auch manchmal.

Filippa Fingerhut: Wir machen auch gerne etwas Interaktives mit den Zuschauern und Zuschauerinnen auf Instagram. Also nicht nur „Schaut mal vorbei, hier ist ein toller Beitrag“, sondern es gibt Abstimmungen und die Aufforderung, Feedback zu geben: „Was haltet ihr davon?“ Und wir machen Live-Videos, und alle, die uns abonniert haben, können reingucken und Fragen stellen.

Pauline Oberheim: Wir haben eine große Instagram-Seite für die Junge Vereinte eröffnet. Wir holen dort unsere Kunden ab mit Interaktion, aber auch mit vielen Storys oder mit einem Quiz. Da kann jeder sein Wissen testen, zum Beispiel über Altersvorsorge oder über Sparen und Inflation. Alles Themen aus der Finanzwelt, wo man nicht viel in der Schule beigebracht bekommt. Und ich habe letztens ein Q&A gedreht, weil ich ja neu bei der Jungen Vereinten bin. Ich kannte die Fragen beim Fragenhagel nicht, dadurch ist es sehr authentisch geworden. Zudem haben wir viele Tutorials gedreht. Also Erklärvideos, wo man in lockerer Atmosphäre guckt, wie man junge Leute bei Finanzthemen abholen kann. Instagram ist da einfach Platz eins.

Jana Mamsch: Bei uns in der Schule wird vor allem viel WhatsApp benutzt. Die einzelnen Stufen haben Stufengruppen. Da kann man schnell kommunizieren, ob eine Stunde ausfällt oder was Hausaufgaben da war. Leistungskurse haben auch meist eine eigene Gruppe, wo manchmal auch die Lehrer reinkommen. Das wird aber vorher abgesprochen.

Von der SV wollen jetzt auch einen Instagram-Account aufmachen. Wir haben nämlich letztens noch ein kleines Seminar mitgemacht, wo wir gemerkt haben, dass es für uns Sinn ergibt. Einfach auch, um nicht nur Schülerinnen und Schüler und Lehrern von unserer Schule an unserer Arbeit teilhaben zu lassen, sondern auch von anderen Schulen. Denn wir sind recht weit mit unserer Arbeit in der SV und machen sehr viele Sachen an unserer Schule, die sich andere anschauen können. Wir müssen allerdings noch schauen, wie wir das rechtlich machen, denn das kann nicht über die Schule laufen, sondern muss von Privatpersonen gemacht werden. Wir würden dann Schüler und Lehrer einladen mitzumachen, aber auch Personen von außerhalb. Und wir würden es freundlich machen, damit sich auch jüngere Leute an der SV erfreuen können.

Gibt es nicht immer zwei WhatsApp-Gruppen in den Kursen? Eine mit Lehrern und eine ohne?

Jana Mamsch (lacht): Das gibt es. Aber gerade in den Leistungskursen ist das Verhältnis meist so eng, dass da zwei Gruppen bestehen. Fillipa Fingerhut: Bei uns gibt es in der Jugendredaktion auch verschiedene Gruppen. Eine große, in der sind alle drin. Da werden Videos reingestellt von der Arbeit, aber auch andere Sachen, die einfach nur Spaß machen. Und dann gibt es die verschiedenen anderen Gruppen für verschiedene Aufgaben und Themen, zum Beispiel für die Festangestellten und für Social Media.

Jetzt möchten wir mit Ihnen spielen. Nicht Fragenhagel, sondern Kaffee oder Tee, Hund oder Katze. Bereit? Dann: YouTube oder Fernsehen?

Jana Mamsch: Fernsehen.

Pauline Oberheim: Fernsehen.

Filippa Fingerhut: Ist die Frage, ob zum Fernsehen auch die entsprechenden Apps gehören.

Nein.

Fillipa Fingerhut: Dann YouTube.

Festnetz oder Handy?

Alle drei: Handy!

Pauline Oberheim (lacht): Das war klar!

Instagram oder TikTok?

Alle drei: Instagram!

Tageszeitung oder WhatsApp?

Alle drei (lachen): WhatsApp!

Ich hatte die Vermutung, dass es in diese Richtung laufen würde. Aber vom Fernsehen bin ich etwas überrascht. Ok, nächste Entscheidung: Eine Woche aufs Handy verzichten oder eine Woche ohne Lieblingsessen und Lieblingsgetränk …

(Längeres Schweigen)

Jana Mamsch: Ich glaube, ich würde auf das Essen verzichten.

Pauline Oberheim: Ich auch.

Fillipa Fingerhut: Ich auch.

(Alle lachen.)

Letzte Frage: Welchen Account oder welchen Social Media Akteur würden Sie den MittelPunkt-Leserinnen und -Lesern empfehlen, um zu erfahren, was junge Leute so interessiert und wie Sie so ticken? Ich fange mal bei Ihnen an, Frau Fingerhuth, weil ich ahne, welchen Podcast man unbedingt hören muss …

Fillipa Fingerhut: Klar, unseren Instagram-Account Salon5_ Also: alle folgen! Ich mache mal ein bisschen Werbung hier …

(Alle lachen.)

Pauline Oberheim: Junge_Vereinte … (Alle lachen.)

Janina Mamsch: Was ich sehr gerne mir sehr gerne angucke, das sind – durch mein Auslandsjahr – die verschiedenen Seiten von der Organisation AFS, ob AFS Deutschland ist oder AFS international.

Und was sollte ich mir anschauen, um etwas kennenzulernen, das ich als Ü50 bisher nicht gewusst habe?

Jana Mamsch: Also was sich jeder Jugendliche zwischendurch mal anguckt, ist Promiflash, meine ich.

(Filippa Fingerhut schüttelt den Kopf. Alle lachen.)

Jana Mamsch: Viele jedenfalls. Weil man da halt immer neuen Gossip liest oder wenn jemand aus der Promi-Welt geheiratet hat. Da wird auf die Minute genau Neues gepostet. Da erfahren dann auch ältere Leute, welche Promis junge Menschen interessieren.

Pauline Oberheim: Ich hätte eher etwas vorzuschlagen, was wir Jüngeren uns anschauen sollten …

Gerne!

Pauline Oberheim: Ich folge der Tagesschau und finde das sehr gut, weil man nicht immer um 20 Uhr Zeit hat, sich das im Fernsehen anzuschauen. Und ich finde es megacool, dass man da komplett informiert wird über Posts und über Storys. Und da gibt es auch ausführliche Sachen, die in der Tagesschau nicht so ausführlich besprochen wurden.

Fillipa Fingerhut: Bei mir ist es weder Promiflash noch Tagesschau. Was ich ganz gut finde, ist die Zeit, die ich abonniert habe.

Die Papierfassung?

Fillipa Fingerhut: Die Online-Fassung. Wir haben die Papierfassung auch zu Hause, da gucke ich auch ab und zu mal rein. Aber dadurch, dass ich acht Stunden arbeite und da viel am Handy bin, lese ich sie online. Da bekomme ich einen kurzen Einblick: und wenn mich ein Thema stärker interessiert, kann ich immer noch zur Papierform greifen.

Und ich finde die Instagram-Seite von funk sehr gut. Ansprechend sogar für alle, also generationenübergreifend. Gut gestaltet, gut gemacht, informativ auf verschiedenen Ebenen.

 

Mehr Infos

Links zu Salon5_, Promiflash, Tagesschau, Zeit, Junge Vereinte

Tiefe Informationskluft <optional>

Das Leibniz-Institut für Medienforschung macht eine klare Ansage: Es gibt „eine tiefe Informationskluft in der nachwachsenden Generation“. Die bundesweite Studie des Projekts #UseTheNews habe gezeigt, dass die Hälfte der Jugendlichen es nicht für wichtig halte, sich über aktuelle Ereignisse zu informieren. Die andere Hälfte junger Menschen sei dagegen deutlich besser informiert, auch weil sie regelmäßig journalistische Nachrichtenquellen nutzt.

Link zur Studie: https://www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/neues/forschungsnachrichten/forschungsnachrichten-single/newsdetails/wie-informieren-sich-junge-menschen